Der Heubischer Viktor
Tagebuch des Landwirts, Metzgers und Schankwirts Viktor Walther aus Heubisch 
Einleitung

Die Jahre
1.März 1916
2.April 1916
3.Ostern 1916
4.Mai 1916
5.Juni 1916
6.Sommer 1916
7.Herbst 1916 / Das zweite Kriegsjahr
8.Weihnachten 1916
9.Winter 1917
10.Ostern 1917
11.Frühjahr 1917
12.Sommer 1917
13.Herbst 1917
14.Weihnachten 1917
15.Winter 1918
16.Frühjahr 1918
17.Sommer 1918
18.Herbst 1918
19.Weihnachten 1918
20.Winter 1919
21.Frühjahr 1919
22.Sommer 1919
23.Herbst 1919
24.Winter 1920
25.Frühjahr 1920
26.Sommer 1920
27.Herbst 1920
28.Winter 1921
29.Frühling 1921
30.Sommer 1921
31.Herbst 1921
32.Winter 1922
33.Sommer 1922
34.Herbst 1922
35.Winter 1923
36.Frühling 1923
37.Sommer 1923
38.Herbst 1923
39.Das Jahr 1924
40.Das Jahr 1925
41.Das Jahr 1926
42.Das Jahr 1927
43.Das Jahr 1928
44.Das Jahr 1929
45.Das Jahr 1930
46.Das Jahr 1931
47.Das Jahr 1932
48.Nachruf
Das Ende
Die Fortsetzung

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Sonntag, d. 3. Oktober 20 

Heute etwas bewölkt, aber warmer Tag. Heute gab es auch Vollbier, das Liter zu 2 Mark. es wurde doch 3 mal angesteckt, ergab 120 M Kasse. Das Schlimmste der Maul- und Klauenseuche haben wir hoffentlich hinter uns. Es waren schlimme Tage. Mit der Feldarbeit mußte eben ausgesetzt werden. Wir haben mittlerweile den Hafer ausgedroschen. Mit dem Resultat zufrieden. 36 Ztr. Mit der Stolze haben wir zur Not doch wieder ab und zu einen Wagen voll Klee. Wenn es glückt, kann die kommende Woche doch etwas Mist gefahren werden auf das Kartoffelland am Buschstäudig und wenn die Witterung paßt, auch gesät werden. Ein Verkehr mit Kartoffel, wie noch nie dagewesen, doch in Folge der Freigabe derselben.

Sonntag, d. 10. 10. 20 

Ein prächtiger Oktobersonntag mit goldenem Sonnenschein, aber getrübt durch die Erinnerung des Todestages unseres Adolf, der im fernen Belgrad, ein Opfer des Weltkrieges, begraben liegt. Zwei lange Jahre gehören der Vergangenheit an, reich an Erfahrung und Trübsal, arm an Frohsinn und Glück.

Nachmittags 1/2 5 Uhr. Ruhig und still, nicht ein Gast stört die Ruhe. Das berühmte Vollbier scheint nicht die größte Anziehungskraft zu haben, die demselben zugeschrieben wurde. Vielleicht auch Schuld mit die Höhnbacher Kirchweih. Mutter mit Edmund sind hinauf.

Freitag 

Eine Überraschung heute Morgen. Vor der Stalltür war Blut. Lange brauchten wir nicht zu suchen. Es fehlten aus dem Hühnerhaus, das vor der Türe in Streu eingebaut stand, 6 Hühner. Die Langfinger hatten es auf alle Fälle auf etwas anderes abgesehen, denn es lagen Anzeigen vor, daß sie in den Stall wollten, Schweine oder so was. Ich fuhr dann ins Ackern naus im Sand, wo ich meinen Pflug draußen stehen hatte. Aber ich fuhr wieder heim, warum? Mein neuer, vorigtes Jahr angeschaffter Pflug war nicht mehr da, gestohlen!!!

Sonntag, d. 24. 10. 20 

Die ersten Tage der Woche waren sehr kalt und windig, die letzten Tage hingegen wieder schöner warmer Sonnenschein, die Nächte aber desto kälter. Geackert, Streu gemacht, etwas Kompost gefahren. Das war die Wochenarbeit. Vetter Max aus Oberlind , aus Amerika kommend, weilt momentan in Nürnberg und kommt in den nächsten Tagen nach Hause, gespannt, was er von Christian berichtet. Die Schule für Erich geht nächsten Mittwoch früh 8 Uhr an. Recht unpassend zur Kirchweih, aber kaum zu ändern.

Sonntag, d. 31. 10. 20 

Kirchweih. Ein kalter Tag. Geschlachtet ein Schwein und ein Kalb von uns. Das Schwein wog 200 Pfd. Schlachtgewicht, das Kalb war auch schön und wog nahezu 1 Ztr.

Dienstag 

Das Geschäft war so la la. So recht das Bild aus früheren Zeiten. Bei Tage alles besetzt. Nachts, wenn die Auswärtigen retourwärts sind, gähnende Leere. Es war nicht anders zu erwarten. Nachdem nun das Fleisch- und Schlachtverbot aufgehoben und die Leute in jedem Laden bekommen, was sie wünschen, ist es mit der Esserei nicht mehr wie vordem.

Montag, d. 8. 11. 20 

Gestern Nachkirchweih. Nachmittag recht wenig. Abends tüchtig voll. Der Verein nahm annähernd 500 M ein. Das Geschäft ging in jedem Artikel gut, es erinnerte an die Vorsommerabhaltungen. Der Schützenverein war vollzählig vertreten und ließ auch etwas aufgehen, aber die Herren Radler hielten es gar nicht für nötig, an der von ihnen veranstalteten Nachkirchweih teilzunehmen. Sie machten eine Radtour nach Blumenrod und kamen Nachts 11 Uhr zurück, in Begleitung von Knauer.

Sonntag, d. 14. 11. 20 

Heute Morgen trübe und etwas Regen. Endlich einmal. Die Woche über meist eine schöne Witterung. Nachmittags war der Wirtschaftsverkehr gleich Null. Abends nicht viel besser, auch beinahe ohne Licht. Gestern bei Max in Oberlind gewesen. Morgen macht er wieder weg. Er will auch bei seinem 8tägigen Aufenthalt in Köln Alfred besuchen.
Totensonntag
Früh hatte der Kriegerverein Kirchgang, dem sich auch viele Kriegsteilnehmer anschlossen. Ebenso war es in Mupperg und Fürth, waren auch stark vertreten, so daß die Kirche sehr voll besetzt war. Abends sollte Gedächtnisfeier im Saale stattfinden. Die Vereine und Einwohner dazu eingeladen. Der Gesangverein sollte verschiedene Lieder vortragen. Aber die Sache wurde im letzten Augenblick noch verschoben, weil der Kriegervereinsvorsitzende Rauschert krank wurde und ein anderer nicht so schnell an seine Stelle treten konnte.

Sonntag, d. 6. 12. 20 

Gestern wurden die Fischwasser bei uns auf weitere 6 Jahre verpachtet. Der Verstrich stand im Zeichen der jetzigen Zeit. Kriegsgewinnler, Wucherer und Schieber überboten sich förmlich, so daß ein Pachtpreis von 4175 M, mit Bruteinsatz 4600 M erzielt wurde. Heute Abend ist Turnerball, es war diesmal recht wenig los, so daß der Verein etwas draufzahlen mußte. Schuld daran war wohl der Umstand, daß an diesem Sonntag überall etwas los war.
Nochmals Fischwasser: Bulle bekam von seinen Wassern nur das untere Stück. Es war eigentlich das billigste, es kostete etwas über 600 M. Die folgenden Wasser verteuerten sich immer mehr. Auch das Dorfwasser wurde tüchtig nan gestrichen (hoch gesteigert). Rauschert Karl hat das 2te für 980 M, das Erlwasser hat Nattermann für 900 M, Mühlgraben Onkel Louis für 310 M, Vorndran hat das alte Wasser für 240 M, Rottenbach Lehrer Wolf von Ketschenbach für 660 M, Rohgraben Höhns Rudi für 65 M.

d. 23. 12. 20 

Ein Schwein aus unserem Stall geschlachtet, wog 190 Pfd., war aber nicht zu fett. 135 Stück Bratwürste gemacht für heute Abend zum Tanz. Der Nachmittags- und Abendbetrieb im Wirtslokal war gut. Abends sehr gut. Fünf Tische tüchtig voll, an einem gekartet, was seit 6 Jahren, also vor Kriegsbeginn, noch einmal der Fall war. Der Saal allerdings war weniger besetzt. Doch kam die Musik trotzdem auf ihre Rechnung und war zufrieden. Viele junge Leute von hier gingen nach Mupperg zum Ball. Die jüngere Welt will eben jetzt nur auf Parkett tanzen. Es ist schwierig, unter diesen Bedingungen etwas abzuhalten. Sich an die Unkosten der Parkettbeschaffung heranzumachen, wird sich wohl kaum noch verlohnen, denn wie lange noch werden die jetzigen Wirtschaftsverhältnisse anhalten? Einmal hört dieses unsinnige Tanzen doch auf.

Silvester 1920 

Wieder wie vorigtes Jahr am Silvester ein Frühlingstag. Heute Morgen ackerte ich das Gerstenfeld fertig, es ging tadellos. Nachmittags am Baßhölzchen am unteren Rain eine Furche weg. Gestern die Holzlehne aufgebaut. Also aufgearbeitet im alten Jahr. Abends an 1 Tisch gekartet, Onkel Adolf, Louis und Gustav, Adolf Rauschert, Markus Knauer und Adolf Fröber.

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